Nachhaltigkeit – dem Begriff auf der Spur

Wir reden von „grünen“ oder „nachhaltigen“ Technologien, wenn etwas dem Umweltschutz dient. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ wird sehr oft überstrapaziert und man begegnet ihm in allen möglichen Zusammenhängen. Von der Leyens „European Green Deal“ wird in Deutschland auch „Pakt für Nachhaltigkeit“ genannt. Wir gehen dem Begriff „nachhaltig“ auf den Grund und erläutern, warum er für das Leben aller so bedeutsam ist.

Nachhaltigkeit ist ein Begriff, den es schon lange gibt und bei dem die Gefahr groß ist, dass viele abwinken, wenn sie ihn hören. Denn viel zu oft wurde der Begriff mit Projekten und Produkten verknüpft, die beim näheren Hinsehen dem Anspruch nicht gerecht werden. „Greenwashing“ nennt man es, wenn ein Produkt mehr aus Marketing-Gründen als nachhaltig deklariert wurde. Mit dem Prädikat „Nachhaltigkeit“ wollten viele Firmen die eigene Außendarstellung auch nachhaltig aufpolieren.

Woher kommt der Begriff?

Ursprünglich stammt der Begriff aus der Forstwirtschaft und wurde von dort in viele andere – nahezu alle – Bereiche des menschlichen Lebens entlehnt. Politiker müssen nachhaltig planen, Unternehmen nachhaltig wirtschaften, Bauherren nachhaltige Materialien verwenden…

Doch was bedeutet „nachhaltig“ eigentlich? Der Begriff Nachhaltigkeit beschreibt eine besondere Form der zyklischen Bewirtschaftung des Waldes: Dem Wald darf nur so viel Holz entnommen werden, wie tatsächlich auch nachwachsen kann. Allgemein gesprochen: Regenerierbare, lebende Ressourcen sollen nur in dem Maße genutzt werden, wie Bestände nachwachsen können. Gemeint war also die Schonung der natürlichen Ressourcen.

Alternativer Bildtext

Nachhaltig zu wirtschaften, bedeutet, so zu handeln, dass die Lebensgrundlage für künftige Generationen erhalten bleibt. Ziel ist es, unsere natürlichen Ressourcen vor weiterer Ausbeutung zu schützen. Bild: Mein Ziegelhaus

Auf die moderne Gesellschaft und ihren Lebenswandel bezogen, bedeutet nachhaltiges Handeln die Bedürfnisse der Gegenwart in einem Maße und einer Art und Weise zu befriedigen, dass die Lebensgrundlage künftiger Generationen nicht gefährdet wird. Dabei sollen aber jeweils die gesamte Prozesskette einschließlich aller Ressourcen sowie der Lebenszyklus in den Blick genommen werden und nicht nur einzelne, isolierte Phasen. Entscheidend ist also eine positive Bewertung über die gesamte Strecke „von der Wiege bis zur Bahre“ eines Produktes oder Projektes.

Diskussion um den Klimawandel rückt Nachhaltigkeit in den Fokus

Ohne Zweifel hat ein junges Mädchen viel dafür getan, um den Schutz des Klimas in den Fokus von Medien und unserer Aufmerksamkeit zu rücken. Ohne Greta Thunberg gäbe es keine „Fridays for future“ und nicht die Diskussionen, die wir tagtäglich lesen und miterleben. Und doch rückt sie etwas in den Mittelpunkt, was eigentlich eine unverrückbare Tatsache ist: Die jetzige Generation sollte ihre Bedürfnisse nicht auf Kosten der nachfolgenden Generationen stillen und die Ressourcen der Erde sind nicht unbegrenzt.

Die jetzt mit einer Vehemenz von Greta Thunberg angestoßene Diskussion um den Klimawandel ist insofern bemerkenswert, als dass die Erkenntnis um die Verantwortung für die Zukunft unserer Erde keineswegs neu ist. Die erste Umweltbewegung formierte sich in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts und auf politischer Ebene wurde der Begriff Nachhaltigkeit bereits auf dem UNCED Weltgipfel in Rio 1992 als Leitgedanke für die Weltwirtschaft verankert.

Ende 2015 begrüßten alle Teilnehmerstatten des Pariser Klimaabkommens die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad, jedes Land sollte ab sofort freiwillig zur CO2-Reduzierung beitragen. Ende 2019 in Madrid tritt nun die EU-Kommission mit dem Klimaschutzprogramm „European Green Deal“ auf den Plan und verspricht hohe Subventionen für die Umrüstung auf grüne Technologien. Bis 2050 soll Europa klimaneutral sein, sofern denn alle mitmachen. Sehr deutlich spürt man, hier geht es vor allem auch darum, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen zu fördern und somit den Anschluss an den technologischen Fortschritt nicht zu verpassen

Es geht uns alle an

Auch die EU-Kommissarin weiß, dass noch nicht alle Länder an Bord sind. Die EU28 – Staaten trugen 2018 etwas mehr als 9 Prozent am weltweiten CO2-Ausstoß durch fossile Brennstoffe bei, die Anteile der USA und Chinas war 14 und 30 Prozent. Kann es den Europäern gelingen, in den nächsten 30 Jahren eine Vorreiterrolle einzunehmen? In der Tat, das wäre eine ökonomische Revolution, ein „man on the moon moment“. https://edgar.jrc.ec.europa.eu/overview.php?v=booklet2019&sort=des9

Van der Leyen spricht von Autos ohne Abgase, Fabriken ohne Schlote, bestens gedämmten Häusern, grünen Städten und nachhaltiger Mobilität. Umgesetzt werden soll auch eine drastische Reduzierung von Pestiziden, die Erzeugung sauberen Wassers, die Aufforstung riesiger Waldflächen, Einfuhrzölle für klimaschädlich produzierte Waren. Die Vision ist gezeichnet, die Arbeitsliste lang. Dann hoffen wir, dass sich vor allem die Generation Greta Thunbergs daran beteiligt, sie abzuarbeiten.

Tatsache ist: Die Diskussionen rund um den Klimawandel wirken weiterhin als Katalysator für den Begriff Nachhaltigkeit. Befürworter und Kritiker des Begriffs sind sich aber in einem Punkt einig: Nur wenn alle Bereiche des menschlichen Lebens vom Leitgedanken der Nachhaltigkeit durchzogen sind, kann der Fortbestand der Menschheit auf Dauer garantiert werden.

Einen Schritt voraus gedacht – das Postulat des BDA

Der Bund Deutscher Architekten (BDA) macht sich stark für eine klimagerechte Architektur und konstatiert, dass die Erfordernisse des Umweltschutzes in den vergangenen 10 Jahren nur oberflächlich umgesetzt wurden und sieht einen Mangel an Mut und die Besorgnis um den eigenen Status als Hindernisse, um unsere Lebenswirklichkeit radikal zu verändern. Der BDA ruft zum Umdenken auf und hat in der Broschüre „Das Haus der Erde“ mehrere Postulate formuliert. Hervorzuheben sind drei Forderungen.

  1. Die Skepsis gegenüber dem Trend der Aufrüstung zu intelligenten Gebäuden und der Forderung nach einer Hinwendung zu tradierten, regionalen Bauweisen, denn „das Einfache ist letztlich übertechnisierten Konzepten überlegen.“
  2. Die Forderung nach der Verwendung wiederverwendbarer und kompostierbarer Materialien. Ganze Bauteile sollten später selbst wieder zur Ressource werden.
  3. Die Forderung nach der Vollständigen Entkarbonisierung. Es sollte komplett auf Materialien verzichtet werden, die in ihrer Herstellung viel CO2 emittieren. Dazu gehört auch der Einsatz emissionsfreier Baumaschinen und eine CO2-neutrale Energieversorgung der Gebäude.

Insgesamt wurden 10 Postulate formuliert und am 15. BDA-Tag am 25. Mai 2019 beschlossen. Weitere Informationen unter www.bda-architekten.de